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Niedersachsen: Untersuchung zur Zukunft der Feuerwehr
06.10.2010 Schünemann: Klare Schutzziele definieren, um Brandschutz in Zukunft sicherzustellen
„In Niedersachsen gibt es derzeit rund 127.000 ehrenamtliche und 2.000 hauptberuflichen Feuerwehrleute. Sie gewährleisten einen hohen Standard beim Brandschutz, denn von der Feuerwehr wird schnelle Hilfe bei Bränden oder Unfällen erwartet", sagte Innenminister Uwe Schünemann am Montag in Hannover. „Es ist jedoch nicht selbstverständlich, dass dieses hohe Leistungsniveau erhalten bleiben kann: Der Bevölkerungswandel wird sich negativ auf die Arbeit der Feuerwehr auswirken."
Um die Folgen des demografischen Wandels für den Brandschutz zu untersuchen, hatte der Minister einen Bericht in Auftrag gegeben. Dieser gemeinsam mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und der Feuerwehren sowie weiterer Organisationen und Einrichtungen erarbeitete Bericht wurde nun an Schünemann übergeben.
Der Bericht analysiert die Probleme durch den Bevölkerungswandel, die zum Teil schon heute zu beobachten sind. Künftig wird die Anzahl der Einssätze nicht, so wie es der Bevölkerungsrückgang vermuten lässt, zurückgehen. Vielmehr ist eine Steigerung zu erwarten. Insgesamt stehen dann jedoch weniger junge Menschen für ehrenamtliche Aufgaben zur Verfügung, da die Mitgliederzahlen bei den Feuerwehren stärker als bisher zurückgehen. Das Durchschnittsalter der Aktiven wird demzufolge steigen. Der Bericht kommt auch zu der Aussage, dass langfristig die Leistungsfähigkeit und die Einsatzbereitschaft der Feuerwehren gefährdet sind.
„Derzeit geben die aktuellen Mitglieder- und Einsatzzahlen noch keinen akuten Anlass zur Besorgnis. Ich habe den Landesbranddirektor mit diesem Projekt beauftragt, gerade weil wir jetzt noch an der Stelle stehen, an der wir überlegt handeln können", sagte Innenminister Schünemann.
„Der Bericht zeigt uns die Handlungsfelder auf, in denen wir die Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft finden können." Dies sind im Einzelnen:
Handlungsfeld Schutzziele:
Über die Ausrüstung von Feuerwehren wird gerade vor dem Hintergrund knapper Kassen diskutiert. Es wird die Frage nach der Notwendigkeit einzelner Feuerwehren gestellt. Um sich der Diskussion zu stellen und Antworten liefern zu können, müssen klare Kriterien (Schutzziele) festgelegt werden, an denen die Leistungsfähigkeit einer Feuerwehr gemessen werden kann. Schünemann kündigte an den Gemeinden und Feuerwehren eine einfache Hilfestellung an die Hand zu geben. Gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände und dem Landesfeuerwehrverbandes wird das MI Hinweise zur Durchführung der Brandschutz-bedarfplanung in Niedersachsen erstellen. Auf dieser Grundlage soll erreicht werden, dass in Niedersachsen überall ein vergleichbarer hoher Sicherheitsstandard für den Brandschutz und die Hilfeleistung gewährleistet wird.
Handlungsfeld Nachwuchsgewinnung:
Über alle Vereine und Organisationen hinweg stellen die Jugendeinrichtungen das Potenzial für die Nachwuchsgewinnung dar. So werden in den 1.949 Jugendfeuerwehren in Niedersachsen rund 32.000 Jugendliche im Alter von 10 bis zu 18 Jahren an Feuerwehraufgaben herangeführt. Viele Jugendliche haben jedoch bereits im Kindesalter von 6 bis 10 Jahren eine Menge Freizeit- und Spaß-Aktivitäten ausprobiert. Sie entscheiden sich frühzeitig, beispielsweise für Sportvereine. Um hier die Augenhöhe wieder herzustellen müssen auch die Feuerwehren ihren Fokus auf diese Altersklasse richten. Für die Kinder muss ein attraktives Angebot geschaffen werden. In Niedersachsen gehören bereits rund 4.000 Kinder 272 Kinderfeuerwehren an. Hinweise für die Tätigkeiten in den Kinderfeuerwehren wurden seitens des MI neu erarbeitet, die für die Jugendfeuerwehren wurden aktualisiert. Sie befinden sich derzeit in der Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden und dem Landesfeuerwehrverband. Der Weg über die Brandschutzerziehung in Schulen und Kindergärten bietet ebenfalls die Möglichkeit, das Interesse von Kindern und Jugendlichen für die Feuerwehr zu wecken.
Handlungsfeld Integration:
Migration und demografischer Wandel verändern das Bild in unserer Bevölkerung. In Niedersachsen leben rund 1,3 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund. Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil von 17 Prozent. Diese Bevölkerungsgruppe ist in den Feuerwehren bisher unterrepräsentiert, sagte Minister Schünemann. „Unsere Welt ist bunt" - so lautet das Motto der großen Integrationskampagne der Deutschen Jugendfeuerwehr (DJF). Auch wenn sich diese Kampagne an Kinder und Jugendliche richtet, gilt es insgesamt Menschen mit Migrationshintergrund für ehrenamtliches Engagement zu gewinnen. Auf beiden Seiten müssen Barrieren abgebaut werden. Vielen Mitmenschen ist bürgerschaftliches Engagement aus ihren Herkunftsländern nicht bekannt. Uniformträger - zu denen die Freiwilligen Feuerwehren aufgrund ihrer Traditionen gehören - sind mitunter sogar suspekt oder rufen Ängste hervor. Auf beiden Seiten gilt es Vorurteile abzubauen. Dies kann nur durch Kommunikation, Information und gegenseitiges aufeinander Zugehen erfolgen. In den Feuerwehren muss interkulturelle Kompetenz aufgebaut werden. Als erster Schritt wurden in einem gemeinsamen Projekt des Landes und der Niedersächsischen Jugendfeuerwehr Schulungen zur interkulturellen Kompetenz von Funktionsträgern der Feuerwehr durchgeführt. Ein mehrsprachiger Informationsflyer, der bei der Niedersächsischen Jugendfeuerwehr bezogen werden kann, wurde erstellt. Die Kommunikation und Zusammenarbeit mit Migrantenverbänden, Integrationsberatungsstellen und die Vorstellung der Feuerwehr in Integrationskursen soll intensiviert werden.
Handlungsfeld Öffentlichkeitsarbeit:
Auch wenn die Feuerwehr in Deutschland als Dienstleister mit 93 Prozent das höchste Vertrauen genießt, muss doch am Image gefeilt werden. Durch gezielte Imagekampagnen können die vielfältigen Tätigkeitsbereiche transparent und verständlich vermittelt werden. Dies wird zu einer Steigerung der Attraktivität, dem Verständnis der Arbeitgeber für die unverzichtbare Aufgabe Feuerwehr beitragen. Eine landesweit nutzbare Internetplattform kann alle Feuerwehren in ihrer Öffentlichkeitsarbeit vor Ort in vielfältiger Hinsicht unterstützen.
Handlungsfeld Förderung des Ehrenamtes:
Dank der uneingeschränkten persönlichen Einsatzbereitschaft besonders und ohne Vergütung engagierter Menschen kann in Niedersachsen eine gesetzliche Pflichtaufgabe der Gefahrenabwehr ehrenamtlich wahrgenommen werden. Dieses Engagement muss erhalten und ausgebaut werden. Dazu bedarf es einer nachhaltigen Anerkennung, Würdigung und Förderung der Leistungen. Jede Gemeinde muss gemeinsam mit ihrer Feuerwehr einen individuell gestalteten Weg finden. Der Bericht schlägt hierzu eine Vielzahl möglicher Maßnahmen vor.
Handlungsfeld Aus- und Fortbildung:
Ohne umfangreiche Aus- und Fortbildung können die Feuerwehren ihren Aufgaben nicht gerecht werden. Eine qualitativ hochwertige Aus- und Fortbildung gibt jedem Feuerwehrangehörigen für seine Tätigkeiten, sei es in der Löschgruppe oder als Führungskraft, die nötige Sicherheit. Sie stärkt das Selbstbewusstsein und die Motivation.
Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport